Im Mai dieses Jahres hat die Wirtschaftskommission des Ständerats einen Reformvorstoss zur Abschaffung des Eigenmietwerts lanciert. Der Vorschlag wurde vergangenen Mittwoch im Bundesrat kontrovers diskutiert, ohne dass eine Einigung zustande gekommen wäre.
Seit Jahrzehnten fordern Politiker die Abschaffung des Eigenmietwerts. Bisher ist allerdings noch jeder Reformversuch gescheitert. Grund dafür sind zahlreiche entgegengesetzte Interessenlagen
Eigenmietwert kurz erklärt
Schweizer, die in einer selbstbewohnten Immobilie leben, müssen den sogenannten Eigenmietwert als Einkommen versteuern. Beim Eigenmietwert handelt es sich vereinfacht gesagt um eine theoretische Einkunft, die vom hypothetischen Mietwert einer Immobilie abgeleitet wird. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung muss der Eigenmietwert mindestens 60 Prozent des Mietwerts eines Objekts auf dem freien Markt betragen. In der konkreten Ausgestaltung der Eigenmietwertbesteuerung sind die Kantone frei. Zur Reduktion der Besteuerung können Eigenheimbesitzer Schuldzinsen und Auslagen für die Liegenschaftsbewirtschaftung in Abzug bringen.
Ständerat wagt neuen Vorstoss
Zweck des Eigenmietwerts ist es dem Prinzip der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit Rechnung zu tragen, indem Mieter und Wohneigentümer steuerlich gleichbehandelt werden. Letzteren stösst die Besteuerung jedoch sauer auf, weshalb in der Politik immer wieder Versuche zur Abschaffung des Eigenmietwerts lanciert werden. Den jüngsten Reformanlauf startete die Wirtschaftskommission des Ständerats im Mai dieses Jahres. Die Kommission forderte grundsätzlich die Abschaffung des Eigenmietwerts und mit ihm auch die Abschaffung des Abzugs für die Schuldzinsen und den Liegenschaftenunterhalt. In Abweichung zu diesem Ziel sieht der Reformentwurf allerdings einen begrenzten Sonderabzug von Schuldzinsen für Ersterwerber von Liegenschaften im Umfang von CHF 10'000 für Ehepaare und CHF 5000 für Alleinstehende vor.
Kritische Stimmen werden laut
Nicht von allen Seiten wird der neue Vorstoss der Wirtschaftskommission begrüsst. Besonders die Abschaffung des Abzugs für Schuldzinsen stösst auf Widerstand. Schliesslich müssten die Vermieter von Liegenschaften ihre Mieterträge weiterhin versteuern, hätten jedoch keine Möglichkeit mehr korrespondierende Schuldzinsen in Abzug zu bringen. Auch die Besitzer selbstbewohnter Zweitwohnungen kämen die Reform zu spüren, weil die Eigenmietwerte dieser Objekte weiterhin steuerbar blieben, der Abzug von Schuldzinsen aber nicht mehr möglich wäre. In letzterem Fall könnte die Abschaffung des Eigenmietwerts auch für Ferienwohnungen zwar Linderung bringen, doch wird diese Option von den Tourismuskantonen, die von den Erträgen der Eigenmietwertbesteuerung profitieren, abgelehnt.
Reduktion von Verschuldungsanreizen
Die Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung kommt einer Gratwanderung gleich. Dies weiss auch die Wirtschaftskommission, welche sich im Bewusstsein der negativen Auswirkungen der Abschaffung des Schuldzinsabzugs für eine Reduktion der Verschuldungsanreize und Stärkung des Schweizer Finanzplatzes ausgesprochen hat. Kritische Stimmen weisen jedoch auf den logischen Widerspruch hin, dem die vorgebrachte Argumentation der Wirtschaftskommission unterliegt. Denn während diese zwar angibt, junge und wenig finanzstarke Eigenheimbesitzer vor der Überschuldung bewahren zu wollen, sieht der Reformvorschlag gerade für jene Gruppe Ausnahmen bei der Abschaffung des Schuldzinsabzugs vor. Ausser Acht gelassen wird zudem, dass sich Anreize zur Verschuldung von Privathaushalten auch mit anderen Mitteln wie etwa einer Kürzung des Maximalabzugs reduzieren liessen.
Bundesrat ist unschlüssig
Der Vorstoss der Wirtschaftskommission des Ständerats wurde vergangenen Mittwoch im Bundesrat diskutiert. Eine Einigung ist jedoch nicht zustande gekommen. Die Position der Regierung soll voraussichtlich eine weitere Debatte in zwei Wochen klären.
Quelle: Neue Zürcher Zeitung: Artikel «Kontroverse um Eigenmietwert: Ueli Maurer wandte sich im Bundesrat gegen einen Vorschlag zur Abschaffung, doch er muss nochmals über die Bücher“ vom 19. August 2021.
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