Beim Jahresabschluss müssen die in die Bilanz einzutragenden Bilanzpositionen bewertet werden. Dieser Vorgang wird Bewertung genannt. Dabei gilt es, Bewertungsvorschriften und insbesondere das Vorsichtsprinzip zu beachten.
Es müssen sämtliche Aktiven (Vermögen) bewertet werden. Auch das Fremdkapital (Schulden) auf der Passivseite muss bewertet werden, nicht jedoch das Eigenkapital (Reinvermögen), denn dieses ergibt sich aus dem Saldo. Bei gewissen Bilanzpositionen, wie z.B. einer Liegenschaft, ist die Bewertung nicht ganz einfach.Zu berücksichtigen sind insbesondere die Bewertungsvorschriften des Obligationenrechts. Bei den Aktiven statuiert das OR Höchstbewertungsvorschriften, d.h ein Aktivum darf nicht höher als im Gesetz erwähnten Sinne in die Bilanz aufgenommen werden. Demgegenüber kommen beim Fremdkapital Mindestbewertungsvorschriften zur Geltung, was bedeutet, dass Schulden im Zweifelsfall höher zu bilanzieren sind. Im Vordergrund liegt der Gläubigerschutz. Indessen verfolgt das Steuerrecht fiskalische Zwecke, weshalb dort zum Teil gerade umgekehrte Vorschriften Anwendung finden (z.B. gibt es im Steuerrecht Höchstabschreibungssätze, nicht jedoch im Obligationenrecht).Von zentraler Bedeutung ist das u.a. in OR 960 II verankerte Vorsichtsprinzip: Bei ihrer Errichtung sind alle Aktiven höchstens nach dem Werte anzusetzen, der ihnen im Zeitpunkt, auf welchen die Bilanz errichtet wird, für das Geschäft zukommt. Konkretisiert wird das Vorsichtsprinzip durch das Realisations- und Imparitätsprinzip. Ersteres besagt, dass Gewinne nur berücksichtigt werden dürfen, wenn sie im Zeitpunkt der Buchung bereits realisiert sind, d.h. wenn darauf ein Rechtsanspruch besteht. Nach dem Imparitätsprinzip müssen Verluste vor ihrer Realisierung verbucht werden, sofern sie erkennbar sind.