Die Prüfung einer Jahresrechnung ist so zu planen und durchzuführen, dass wesentliche Fehler aufgedeckt werden. Die Wesentlichkeit stellt dabei eine Schwelle dar, innerhalb derer die Jahresrechnung trotz Fehler vorbehaltlos bestätigt werden kann.
Quantitative und qualitative Wesentlichkeit
Die Wesentlichkeit besitzt sowohl eine quantitative als auch eine qualitative Dimension. Aus der quantitativen Perspektive darf ein Fehler maximal so gross sein, dass die wirtschaftlichen Entscheidungen der aktuellen und zukünftigen Anteilseigner hiervon nicht beeinflusst werden. Die Wesentlichkeitsgrenze ist hierbei eine relative Grösse, um den unterschiedlichen Unternehmensgrössen gerecht zu werden.Aus der qualitativen Perspektive ist eine Information wesentlich, sofern deren Weglassen oder Fehldarstellung eine wirtschaftliche Entscheidung des Bilanzlesers beeinflussen könnte. Dies ist u.a. der Fall, wenn das Unternehmen überschuldet ist oder ein Kapitalverlust mit gesetzlichen Folgen vorliegt und dies nicht offengelegt wird oder falls ein Gewinn ausgewiesen wird obwohl ein Verlust erwirtschaftet wurde. Aus Gründen der Übersichtlichkeit ist die Wesentlichkeit nicht nur eine Minimalforderung sondern zugleich auch eine Maximalforderung: Unwesentliches gilt es wegzulassen.
Ermittlung der quantitativen Wesentlichkeit
Die Festlegung der Wesentlichkeit liegt im Ermessensspielraum des Abschlussprüfers und hängt von den Informationsbedürfnissen der Abschlussadressaten ab. Als Ausgangspunkt der Berechnung dient eine ausgewählte Bezugsgrösse und ein entsprechender Prozentsatz mit der die Bezugsgrösse multipliziert wird. So kann die Wesentlichkeit als 5% des Jahresüberschusses, 3% der Umsatzerlöse oder 0.5% der Bilanzsumme festgelegt werden, um einige Beispiele aus der Praxis zu nennen.Je geringer die Wesentlichkeit festgelegt wird, desto höher ist das Prüfungsrisiko, d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass eine Jahresrechnung im Wesentlichen als fehlerfrei bezeichnet wird, obwohl sie wesentliche Fehler enthält. Die Höhe der Wesentlichkeit entscheidet also massgeblich über den Umfang, die Dauer und somit die Kosten einer Abschlussprüfung.