Das Eigenkapital steht einem Unternehmen zinslos zur Verfügung. Wäre das Geld am Kapitalmarkt angelegt worden, würde es jedoch eine Verzinsung vereinnahmen. Dieser Tatbestand wird im Rechnungswesen durch eine fiktive Verzinsung, den sog. kalkulatorischen Zinsen berücksichtigt.
Verwendung von kalkulatorischen Zinsen
Kalkulatorische Zinsen gehören zu denjenigen Kostenarten, die nicht als Aufwand in die Gewinn- und Verlustrechnung miteinfliessen. Nichtsdestotrotz sind sie für unternehmensinterne Kalkulationen essentiell. Zum einen werden kalkulatorische Zinsen zur Ermittlung der Selbstkosten eines Produktes oder einer Leistung verwendet und darauf aufbauend Kosten-Preis-Analysen durchgeführt. Zum anderen erhöhen kalkulatorische Zinsen die Aussagekraft von Zeit-, Betriebs- und Leistungsvergleichen, da somit die Zinsbelastung wechselhafter Fremdfinanzierung ausgeschaltet wird. Des Weiteren dienen kalkulatorische Zinsen auch zur Festlegung der Mindestrendite, die ein Investitionsprojekt zwingendermassen erbringen muss, um durchgeführt zu werden.
Ermittlung der kalkulatorischen Zinsen
Der kalkulatorische Zinssatz hängt von der Gesamtfinanzierung des Unternehmens ab und kann anhand der Formel für den gewichteten durchschnittlichen Kapitalkostensatz (WACC) berechnet werden:
Die Variablen E und D stehen für den Marktwertwert des Eigen- bzw. Fremdkapitals. Zusammengerechnet ergeben sie den Unternehmenswert V. Die Variable kE repräsentiert die Eigenkapitalkosten (Wie Sie die Eigenkapitalkosten berechnen, erfahren Sie unseren Artikel Bestimmung der Eigenkapitalkosten anhand des CAPM). Die Zinsen auf das Fremdkapital werden durch die Variable kD abgebildet. Der Buchstabe s steht für die pauschale Unternehmenssteuerrate. Sie wird zuerst von eins subtrahiert und das Ergebnis dann mit den Fremdkapitalkosten multipliziert, da die gezahlten Zinsen auf das Fremdkapital steuerabzugsfähig sind.
Anwendungbeispiel
Die XY AG hat Eigenkapital im Wert von 7 Mio. Franken und 3 Mio. Franken Bankschulden auf welche sie jährliche Zinsen von 6% zahlt, während die Eigenkapitalkosten 12% betragen. Die Firma XY wird mit einem pauschalen Satz von 30% besteuert.
Die XY AG überlegt sich nun eine Investition in eine Maschine zu tätigen, mit der sie 3 Jahre lang einen Überschuss von jeweils 500‘000 Franken erwirtschaftet. Die Maschine kostet heute 1‘200‘000 Franken. Ob sich das Investitionsprojekt für die XY AG lohnt, kann nun anhand der kalkulatorischen Zinsen berechnet werden. Dazu werden die Erträge mit dem WACC diskontiert.
Da der Kapitalwert positiv ist, wäre das Investitionsprojekt für die XY AG finanziell vorteilhaft.